Bonn, 5. Juli 1963
Die Regierung der Bundesrepublik
Deutschland und die Regierung der Französischen Republik sind in Durchführung
des Vertrages vom 22. Januar 1963 über die deutsch-französische Zusammenarbeit
wie folgt übereingekommen:
I. Name und Zweckbestimmung
Artikel 1
Es wird eine Organisation zur Förderung der Beziehungen zwischen der deutschen
und der französischen Jugend errichtet, die den Namen Deutsch-Französisches
Jugendwerk trägt.
Artikel 2
Das Jugendwerk hat die Aufgabe, die Bande zwischen der Jugend der beiden
Länder enger zu gestalten und ihr Verständnis füreinander zu vertiefen.
Es hat hierzu die Jugendbegegnung und den Jugendaustausch anzuregen, zu
fördern und, soweit notwendig, selbst durchzuführen. Seine Tätigkeit erstreckt
sich insbesondere auf folgende Gebiete:
a) Begegnung und Austausch von Schülern, Studenten und berufstätigen Jugendlichen;
b) Gruppenfahrten, Jugend- und Jugendsportveranstaltungen;
c) Kinder-, Jugend- und Familienerholung;
d) Austausch und Ausbildung von Fachkräften und Mitarbeitern der Jugendarbeit
und des Jugendsports, gemeinsames Training für Jugendsportler;
e) Vertiefung der gegenseitigen Kenntnisse der beiden Länder durch Öffentlichkeitsarbeit,
Bildungsreisen, Studienaufenthalten, Seminare, musische Veranstaltungen
und durch Tagungen der leitenden Persönlichkeiten der Jugendarbeit;
f) Ausbau außerschulischer Einrichtungen zur Förderung der gegenseitigen
Sprachkenntnisse;
g) Untersuchungen und wissenschaftliche Forschungsarbeiten über Jugendfragen.
Das Jugendwerk verfolgt bei der Erfüllung seiner Aufgaben die Grundsätze
der Zusammenarbeit und der Verständigung unter den Ländern Europas und
den anderen Ländern der freien Welt, die es bei der Jugend zu vertiefen
gilt.
Artikel 3
Das Jugendwerk besitzt Rechtspersönlichkeit und ist in Geschäftsführung
und Verwaltung autonom. Hierzu werden auf das Jugendwerk in der Bundesrepublik
Deutschland und in der Französischen Republik alle in den §§ 3, 4, 7,
9 und 31, Buchstabe (a) des am 21. November 1947 von der Vollversammlung
der Vereinten Nationen angenommenen Abkommens über die Vorrechte und Befreiungen
der Sonderorganisationen niedergelegten Bestimmungen Anwendung finden.
II. Mittel für die Tätigkeit des Jugendwerkes
Artikel 4
Das Jugendwerk verfügt zur Wahrnehmung seiner Aufgaben über den im Vertrag
vom 22. Januar 1963 vorgesehenen gemeinsamen deutsch-französischen Fonds.
Dem Fonds werden nach Maßgabe der in jedem Lande geltenden Haushaltsvorschriften
jährlich die für die Tätigkeit des Jugendwerkes erforderlichen Mittel
nach Prüfung des von dem Kuratorium erstellten Haushaltsentwurfs zu gleichen
Teilen zur Verfügung gestellt. Das Jugendwerk kann dem Fonds alle sonstigen
Einnahmen zufließen lassen und insbesondere Zahlungen vereinnahmen, die
von Personen oder Einrichtungen geleistet werden, denen seine Tätigkeit
zugute kommt.
Artikel 5
Das Jugendwerk bestreitet aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln
die Ausgaben zur Förderung der deutsch-französischen Jugendarbeit und
insbesondere der in den Artikeln 1 und 2 genannten Austauschprogramme.
Es gewährt Zuwendungen an öffentliche Einrichtungen und an private Zusammenschlüsse.
Es kann selbst auf dem Gebiet der Zusammenarbeit und des Austausches Programme
durchführen und in einzelnen Fällen seinem Zweck entsprechende Einrichtungen
schaffen, unterhalten und führen.
III. Kuratorium
Artikel 6
An der Spitze des Jugendwerks steht ein Kuratorium. Es setzt sich aus
je 10 deutschen und französischen Mitgliedern zusammen. Die deutschen
Mitglieder werden von der Bundesregierung, die französischen Mitglieder
werden von der Französischen Regierung ernannt. Je vier Mitglieder aus
jedem Land sind Vertreter der öffentlichen Verwaltungen, die übrigen sechs
namhafte Persönlichkeiten und Leiter von Organisationen der freien Jugendarbeit
beider Länder. Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu bestellen.
Die Amtszeit der Mitglieder und ihrer Stellvertreter beträgt zwei Jahre.
Sie können aus wichtigem Grunde nach Anhörung des Kuratoriums von der
Regierung, die die Ernennung ausgesprochen hat, vorzeitig abberufen werden.
Die Mitglieder des Kuratoriums üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Sie
erhalten Reisekostenentschädigung, Ersatz der ihnen aus Aufträgen des
Kuratoriums entstehenden Auslagen sowie Sitzungsvergütung.
Artikel 7
Das Kuratorium tritt wechselweise in Deutschland und Frankreich zusammen.
Präsident ist im ersten Fall der Bundesminister für Familien- und Jugendfragen
der Bundesrepublik Deutschland; im zweiten Fall der Staatssekretär für
Jugend und Sport der Französischen Republik.
Artikel 8
Das Kuratorium tritt mindestens zweimal im Jahr zusammen. Weitere Sitzungen
finden statt, wenn der Bundesminister für Familien- und Jugendfragen der
Bundesrepublik Deutschland und der Staatssekretär für Jugend und Sport
es übereinstimmend für erforderlich halten.
Artikel 9
Das Kuratorium hat die zur Erfüllung der Aufgaben des Jugendwerkes gemäß
den Artikeln 1 und 2 dieses Abkommens erforderlichen Befugnisse.
Das Kuratorium
- beschließt das Programm für die Tätigkeit des Jugendwerkes und erläßt
Richtlinien für seine Ausführung;
- ergreift alle geeigneten Maßnahmen für ein ordnungsgemäßes Arbeiten
des Jugendwerkes;
- beschließt den Haushaltsplan des Jugendwerkes;
- erläßt Richtlinien für eine sorgsame Verwaltung der Haushaltsmittel;
- billigt den Jahresbericht des Generalsekretärs;
- prüft die Berichte der geförderten Einrichtungen über ihre Tätigkeit
und über die Verwendung der ihnen gewährten Zuwendungen;
- bestellt im Einvernehmen mit den beiden Regierungen je einen deutschen
und einen französischen Rechnungsprüfer, die gemeinsam im Rahmen der Regeln
des Jugendwerkes jährlich die ordnungsgemäße Verwendung seiner Mittel
prüfen und dem Kuratorium Bericht erstatten;
- erteilt nach Prüfung des Berichts der Rechnungsprüfer und einer etwaigen
Stellungnahme des Generalsekretärs diesem Entlastung hinsichtlich der
Ausführung des Haushaltsplanes.
Artikel 10
Das Kuratorium ist beschlußfähig, wenn mindestens zwei Drittel der Mitglieder
anwesend sind. Es faßt seine Beschlüsse mit der Mehrheit von drei Viertel
der Stimmen der anwesenden Mitglieder. Mangelt es an der Beschlußfähigkeit
des Kuratoriums, so beruft der amtierende Präsident innerhalb von dreißig
Tagen eine weitere Sitzung ein, bei der das Kuratorium mit den anwesenden
Mitgliedern beschlußfähig ist.
IV. Generalsekretariat
Artikel 11
Das ausführende Organ des Kuratoriums ist der Generalsekretär, dem ein
Stellvertretender Generalsekretär zur Seite steht. Beide werden für einen
Zeitraum von fünf Jahren nach Anhörung des Kuratoriums durch Vereinbarung
der beiden Regierungen ernannt. Sie müssen Staatsangehörige eines der
beiden Staaten sein und unterschiedliche Nationalität besitzen. Der Sitz
des Generalsekretariats wird durch Vereinbarung der beiden Regierungen
bestimmt.
Artikel 12
Der Generalsekretär vertritt das Jugendwerk. Er bereitet die Sitzungen
des Kuratoriums vor, erstattet ihm Bericht und legt ihm die Haushaltsentwürfe
vor. Er lenkt und überwacht die Tätigkeit der Direktoren der in Artikel
13 genannten Abteilungen des Jugendwerkes, erteilt ihnen die für die Durchführung
der Entscheidungen des Kuratoriums erforderlichen allgemeinen Weisungen
und wacht über eine sorgsame Haushaltsführung. Der Stellvertretende Generalsekretär
unterstützt den Generalsekretär in dessen sämtlichen Aufgaben und vertritt
ihn im Falle der Abwesenheit und der Verhinderung. Der Generalsekretär
und sein Stellvertreter nehmen mit beratender Stimme an den Sitzungen
des Kuratoriums teil.
Artikel 13
Zur Durchführung der Aufgaben des Jugendwerkes werden zwei Abteilungen
mit Sitz in Bonn und Paris errichtet. An der Spitze jeder Abteilung steht
ein Direktor, der für die Dauer von fünf Jahren nach Anhörung des Kuratoriums
durch Vereinbarung der beiden Regierungen ernannt wird.
Artikel 14
Jeder Direktor hat die Arbeit seiner Abteilung verantwortlich zu leiten.
Er kann hierbei Verträge abschließen, bewegliches Vermögen erwerben und
darüber verfügen und vor Gericht klagen und verklagt werden. Zum Erwerb
von unbeweglichem Vermögen und zur Verfügung über dieses bedarf er der
Ermächtigung des Generalsekretärs des Jugendwerks.
Artikel 15
Die Direktoren haben die Aufgabe, entsprechend den ihnen erteilten Weisungen
das vom Kuratorium beschlossene Programm auszuführen. Sie haben insbesondere
die Aufgabe:
a) Programme und Arbeitsplätze, die den Zielen des Jugendwerkes entsprechen,
zu entwerfen und dem Generalsekretär vorzulegen;
b) jährlich dem Generalsekretär den Voranschlag für den sie betreffenden
Teil des Haushaltsplans des Jugendwerks vorzulegen;
c) ihre Verwaltungsgeschäfte sparsam und wirtschaftlich zu führen;
d) nach Abschluß des Rechnungsjahres dem Generalsekretär einen Tätigkeitsbericht
vorzulegen und über die Verwendung der ihnen zur Verfügung gestellten
Mittel Rechnung zu legen.
Artikel 16
Auf Initiative jeder der beiden Regierungen kann bei der in Betracht kommenden
Abteilung ein beratender Ausschuß gebildet werden. Er hat die Aufgabe,
zur praktischen Durchführung des von dem Jugendwerk beschlossenen Programms
eine Stellungnahme abzugeben, wenn der Direktor der Abteilungen es für
erforderlich hält. Die Amtszeit der Mitglieder des Beratenden Ausschusses
beträgt zwei Jahre.
V. Schlußbestimmungen
Artikel 17
Die Einzelheiten für die Ausführung dieses Abkommens werden in einer von
dem Kuratorium zu beschließenden Geschäftsordnung bestimmt; das Personalstatut
und die Gehalts- und Vergütungsordnung sind im Einvernehmen mit den zuständigen
Verwaltungsstellen der beiden Länder zu erarbeiten.
Artikel 18
Dieses Abkommen gilt auch im Land Berlin, sofern nicht die Regierung der
Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Regierung der Französischen Republik
innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Abkommens eine gegenteilige
Erklärung abgibt.
Artikel 19
Die beiden Regierungen können auf eigene Initiative oder auf Vorschlag
des Kuratoriums Änderungen dieses Abkommens vornehmen.
Artikel 20
Dieses Abkommen tritt mit der Unterzeichnung in Kraft. Geschehen zu Bonn
am 5. Juli 1963 in zwei Urschriften in deutscher und französischer Sprache,
wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.
Verträge, Abkommen, Verfassungen...
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