Gipfel von Nizza
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DER GIPFEL VON NIZZA (7.- 9. DEZEMBER 2000)

Regierungskonferenz über die
Reform der Europäischen Institutionen

 

An dieser Stelle werden die wichtigsten Ergebnisse des Gipfels von Nizza dargestellt. Die Regierungskonferenz die Europäische Union ursprünglich auf die Erweiterung um die MOE-Staaten vorbereiten. Dazu sollten Blockademöglichkeiten, die sich aus dem in weiten Teilen bestehenden Einstimmigkeitsprinzip im Rat ergaben, abgebaut, und eine institutionelle Reform auf den Weg gebracht werden, in die weitere 10-12 Mitgliedstaaten integriert werden können. Sie finden hier im Überblick die einzelnen Beschlüsse, die sich im Vertrag von Nizza niedergeschlagen haben.

Fraglich ist, welche Veränderungen dieser Beschlüsse durch den europäischen Konvent erfolgen.
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Zusammensetzung der Europäischen Kommission


Hinsichtlich der Kommission wird festgelegt, dass ihr ab 2005 nur noch ein Kommissar pro Mitgliedstaat angehört. Auch das Wahlverfahren für den Kommissionspräsidenten wird geändert: In Zukunft kann der Rat – in Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs – mit qualifizierter Mehrheit einen Kandidaten benennen, der dann der Zustimmung durch das Parlament bedarf. Die Auswahl der übrigen Kommissionsmitglieder unterliegt – faktisch – weiterhin der Einstimmigkeit.

Es gelang nicht, den Umfang der Kommission auf 20 Mitglieder bis 2010 zu begrenzen, weil die „kleinen“ Mitgliedstaaten sich weigerten, auf ihre dauerhafte Vertretung in der Kommission zu verzichten.

So wurde nur die Obergrenze von "unter 27" Kommissionsmitgliedern bewahrt.


 „Familienphoto“ des Gipfels von Nizza
am 9. Dezember 2000
©
F. De La Mure / Ministère des Affaires Etrangères

Der Vertrag von Nizza stärkt auch die Position des Kommissionspräsidenten: Er entscheidet fortan über die Organisation der Kommission und kann Vizepräsidenten ernennen. Gleichzeitig wird aber auch das Kollegialitätsprinzip innerhalb der Kommission im Vertrag verankert.

Neugewichtung der Stimmen der Mitgliedstaaten im Rat und Ausweitung der Mehrheitsabstimmungen


Es wurde auch eine Ausweitung von
Mehrheitsabstimmungen im Rat beschlossen. In diesen Bereichen ist jetzt eine dreifache Mehrheit erforderlich: Zunächst ist weiterhin grundsätzlich eine Mehrheit der Staaten notwendig. Wenn eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist, so gilt künftig zunächst, dass eine Mehrheit von 71,26% der Stimmen im Rat notwendig ist, wobei hier eine Neuverteilung der Stimmengewichtung erfolgte (z.B. haben Deutschland und Frankreich künftig nicht mehr 10 sondern 29 Stimmen). Hinzukommen kann – auf Wunsch eines Mitglieds – das Erfordernis der Mehrheit der hinter den Stimmen stehenden Unionsbevölkerung (mindestens 62%). Man spricht insofern von einer „dreifachen Mehrheit“.

Dies bedeutet, dass Deutschland als bevölkerungsreichster Mitgliedstaat zwar weiterhin nicht mehr Stimmen hat als Frankreich, Großbritannien oder Italien. Durch die Möglichkeit der Berücksichtigung der Mehrheit der Bevölkerung wird das „Stimmgewicht“ Deutschlands aber eindeutig erhöht.

In anderen Bereichen wie „Steuern“, „Einwanderung und Asyl“, „Handel mit Dienstleistungen“, „Kohäsionsfonds“ und der „Umwelt- und Verkehrspolitik“ bleiben einstimmige Entscheidungen weiter erforderlich.

Änderungen beim Europäischen Parlament


Der Vertrag von Nizza sieht auch e
ine geringfügige Erweiterung des Mitentscheidungsverfahrens (Art. 251 EGV) für das Europäische Parlament, z.B. im Bereich von Maßnahmen der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen (Art. 65 iVm Art. 67 EGV), vor. Beschlossen wurde, die Mitgliederzahl des Parlaments auf zunächst 732 Abgeordnete zu erweitern, und seine Zusammensetzung bis 2009 stärker proportional zur Bevölkerung der Mitgliedstaaten auszurichten. Einige Beitrittsländer werden durch die so beschlossene Sitzverteilung jedoch diskriminiert (Ungarn beispielsweise hat mehr Einwohner als Portugal, bekommt aber zwei Sitze weniger).

Erleichterung einer „verstärkten Zusammenarbeit“


Die Möglichkeiten einer „verstärkten Zusammenarbeit“ zwischen einzelnen Mitgliedstaaten wird erleichtert: Eine verstärkte Zusammenarbeit ist nunmehr möglich, wenn mindestens 8 Mitgliedstaaten daran teilnehmen wollen, und die Zusammenarbeit mit qualifizierter Mehrheit im Rat genehmigt wurde. Dadurch wurde das Veto-Recht für einzelne Mitgliedstaaten im Bereich der 1. (EGV) und 3. Säule (ZBJI) zugunsten einer qualifizierten Mehrheit aufgegeben. Dies gilt grundsätzlich auf für die 2. Säule (GASP), sofern nicht verteidigungspolitische Fragen berührt sind.

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Die Grundrechte-Charta

 

Die Grundrechte-Charta wurde bei der Eröffnung des Gipfels von Nizza am 7. Dezember 2000 unterzeichnet.
Die Grundrechte-Charta (im pdf Format)

 

Unterzeichnung der Grundrechte-Charta

© F. De La Mure / Ministère des
Affaires Etrangères
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Vertrag von Nizza


Der Vertrag von Nizza wurde inzwischen durch die Hinterlegung der entsprechenden Urkunden der Republik Irland als letztem Mitgliedstaat am 18.12.2002 ratifiziert, und tritt gemäß Art. 12 des Vertrags von Nizza damit zum 1. Februar 2003 in Kraft.

Vertrag von Nizza (im pdf Format)

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Links im Internet


Die Regierungskonferenz auf der Seite des Europäischen Parlaments
Die Regierungskonferenz auf der Seite des Rats der Europäischen Union
Die Regierungskonferenz auf der Seite der Kommission
Die Regierungskonferenz auf der Seite des französischen Aussenministeriums

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