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• Internationalisierung der deutschen Hochschulen
Wir Liberalen wollen die Rolle des Staates für eine wirkliche autonome Hochschule neu bestimmen, denn nur ein neues Verständnis des Verhältnisses von Staat und Hochschule führt aus der gegenwärtigen Erstarrung. Wir brauchen mehr Wettbewerb zwischen den Hochschulen. Die Universität muss wie ein Wirtschaftsunternehmen geführt werden, und Deutschland sollte außerdem dem privatwirtschaftlichen Sponsoring mehr Aufmerksamkeit als bisher zukommen lassen. © 1999
Wolfgang GERHARDT - Vorsitzender der FDP Mitglied des Bundestages


Regierungswechsel oder Politikwechsel

Am 27. September 1998 haben die deutschen Wähler die bisherige Koalition durch eine Mehrheit für SPD und Grüne abgelöst. Die F.D.P. hat die neue Rolle in der Opposition im Deutschen Bundestag angenommen. Schon im Wahlkampf haben wir erklärt, dass eines unserer Hauptpolitikfelder die Bildungspolitik ist.

Seit dem Spätherbst 1997, wo zuerst in Berlin, dann in ganz Deutschland die Studenten ihren Forderungen nach einer umfassenden Hochschulreform und der Verbesserung ihrer Studienbedingungen auf der Strasse Ausdruck verliehen, wird das Bildungsthema von der gesamten Gesellschaft Schritt für Schritt angenommen. Die Studenten gehen längst wieder ihren Studien nach, ihre berechtigten Forderungen haben jedoch eine nachhaltige Wirkung hinterlassen. Das liberale Leitbild von einer künftigen Hochschule heisst: Unabhängig, wissenschaftlich, wettbewerblich, profiliert, international und wirtschaftlich. Ein derartiges Leitbild lässt sich nur verwirklichen, wenn die zentralistischen und bürokratischen Strukturen des jetzigen deutschen Hochschulwesens überwunden werden.

Die unabhängige Hochschule

Wir Liberalen wollen die Rolle des Staates für eine wirkliche autonome Hochschule neu bestimmen, denn nur ein neues Verständnis des Verhältnisses von Staat und Hochschule führt aus der gegenwärtigen Erstarrung. Dabei muss sich die Rolle des Staates darauf beschränken, die Wissenschaftsfreiheit zu sichern, die Hochschulen über Globalhaushalte mit Mitteln auszustatten und Schwerpunkte im Rahmen von Zielvereinbarungen mit den Hochschulen zu setzen. Als Körperschaften haben die Hochschulen künftig Tarifautonomie, die Personalhoheit und die Verantwortung für die Qualität von Forschung und Lehre.

Die wissenschaftliche Hochschule

Die wissenschaftliche Hochschule benötigt andere Willensbildungs- und Entscheidungsstrukturen als bisher. Dazu gehört, dass die Hochschulen selbst ihre Managemantfähigkeiten effektiv verstärken und Führungsdefizite beseitigen. Das schliesst ein, dass den Fachbereichen, Instituten und Lehrstühlen im Rahmen einer abgestimmten Zielsetzung mehr eigene Verantwortung übertragen wird.

Die wettbewerbliche Hochschule

Wir brauchen Hochschulen, die mit Hochleistung zu tun haben, mit exzellenten Ergebnissen in Ausbildung und Forschung. Wir brauchen mehr Wettbewerb zwischen den Hochschulen. Der Wettbewerbsgedanke - in der Forschung längst verankert - muss auch im Bereich der Lehre verwirklicht werden. Hier muss die Nachfrage der Studierenden den staatlichen Finanzierungsstrom entscheidend lenken. Wir wollen den Wettbewerb durch Einführung von Bildungsgutscheinen fördern. Bildungsgutscheine verkörpern "Rechte auf Bildung" und werden vom Staat für ein Studium bis zum Erwerb eines ersten berufsqualifizierenden Abschlusses unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Der Wettbewerb der Hochschulen um die Studienbewerber muss sich auch im Bereich der Studiengänge entfalten können, die einem bundesweiten Numerus Clausus unterliegen. Wir wollen, dass die Studienbewerber in Deutschland das Recht erhalten, sich direkt bei der Hochschule ihrer Wahl zu bewerben. Das beinhaltet die Abschaffung der in Deutschland noch üblichen, fast schon planwirtschaftlichen Zentralen Vermittlungsstelle für Studienplätze (ZVS) und die Rückübertragung ihrer Kompetenzen auf die Hochschulen.

Die profilierte Hochschule

Nicht an jeder Hochschule muss jedes Fach vertreten sein. Die Liberalen treten dafür ein, dass jede Hochschule ihr Profil selbst bestimmen können muss, z.B. durch die stärkere Weiterentwicklung einzelner Fachbereiche. Durch regelmässige interne und externe Bewertung der Ziele und Leistungen der Hochschule in Forschung und Lehre und die Veröffentlichung von deren Ergebnissen wird es Studienbewerbern erleichtert, die für ihre persönlichen Ziele am besten geeignete Hochschule herauszufinden. Die Liberalen setzen sich darüber hinaus dafür ein, dass die Kapazität an den Fachhochschulen weiter ausgebaut wird. Unterschiedliche Profile von Universitäten nutzen beiden. Die Organisationsstrukturen der Fachhochschulen sind auf noch mehr Flexibilität auszurichten. Zeitverträge für Praktiker als Dozenten, Patentbüros an den Fachhochschulen und Hochschulen sowie Verbindungsstellen zur Industrie sichern die heute notwendigen praktischen Erfahrungen mit Anwendungsbezug. Bei der angewandten Forschung und Entwicklung sollten die Fachhochschulen noch enger mit kleinen und mittleren Unternehmen zusammenarbeiten.

Die wirtschaftliche Hochschule

Die wirtschaftliche Hochschule wird nicht umhinkommen, Kosten in Relation zur Leistung zu sehen. Sie wird die Kosten der eigenen Verwaltung und von Dienstleistungen ebenso hinterfragen müssen, wie Kosten für Forschung und Lehre. Daher fordern wir Globalhaushalte für die Hochschulen, die sich an bestimmten Kriterien, wie z.B. Zahl der Studierenden und Anzahl des wissenschaftlichen Personals orientieren. Gleichfalls müssen zur Einnahmeseite der Hochschulen auch Drittmittel im Bereich der Forschung gehören. Die Unterstützung der Wissenschaft durch gemeinnützige Einrichtungen ist unverzichtbarer Bestandteil der Wissenschaftsförderung. Privatwirtschaftlichem Sponsoring z.B. für Hochschulsanierungen und den Ausbau von Studiengängen sollten in Deutschland mehr Aufmerksamkeit als bisher gewidmet werden.

Die internationale Hochschule

Unsere Hochschulen haben international nach wie vor einen guten Ruf. Trotzdem bewerben sich weltweit immer weniger junge Menschen für einen Studienplatz in Deutschland.

Einiges wurde für die Attraktivität deutscher Hochschulen für ausländische Studierende bereits getan. So wurde durch die Novellierung des Ausländerrechts besonders dem Anliegen ausländischer Studenten Rechnung getragen. Die neuen Vorschriften gestalten den Nachweis zur Sicherung des Lebensunterhalts praxisorientierter, erlauben eine Verlängerung der zulässigen Studiendauer, ermöglichen einen Fachrichtungswechsel und lassen Nebenverdienste zur Mitfinanzierung des Studiums zu.

Das im September in Kraft getretene deutsche Hochschulrahmengesetz ermöglicht den Universitäten die Entwicklung international kompatibler Studienstrukturen, -inhalte und -abschlüsse. Das gilt für neue fremdsprachige Studiengänge ebenso wie für Studiengänge, die künftig mit dem "Bachelor" oder " Master" enden.

Die Serviceangebote und Studienberatung für ausländische Studierende ist in diesem Zusammenhang weiter zu verbessern. Hier sind die Hochschulen und das Studentenwerk gleichermassen gefordert. Letzteres leistet bereits Beachtliches für die Eingliederung ausländischer Studierender in den deutschen Hochschulbetrieb.

Die deutschen Hochschulen müssen das Hochschulmarketing verbessern und dabei aktiver ihre Leistungen und Ausbildungsmöglichkeiten in wichtigen Regionen in der Welt anbieten. Hier liegt die Bedeutung eines offensiven Hochschulmarketings, das nur im Zusammenwirken von Politik, Wirtschaft und Verbänden erfolgreich umgesetzt werden kann.



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