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• Die Star Alliance und ihre Auswirkungen auf den Europäischen Markt
Der Trend zur Globalisierung stellt die alte Luftverkehrswelt mit bilateralen Luftverkehrsabkommen, hoheitlichen Luftfahrtunternehmen, nationalen Infrastrukturaufträgen, staatlich limitiertem Marktzugang und Preisvorgaben sowie bilateral ausgehandelten Luftverkehrsrechten in Frage. Ein zunehmende Marktöffnung, die Liberalisierung der Preise und die Open-Sky-Abkommen veranlassen die Fluggesellschaften zu strategischen Allianzen mit anderen Gesellschaften, wie es das Beispiel der Star Alliance zeigt. © 1999
Jürgen WEBER - Vorstandsvorsitzender der Deutschen LUFTHANSA AG


Heute sind Globalisierung und Wettbewerb zu entscheidenden Parametern für den internationalen Flugverkehr geworden. In Europa wurde der mit der Globalisierung einhergehende Deregulierungs- und Privatisierungsprozess in der Luftfahrtbranche, ausgehend von den USA, seit den 80ern mit der einheitlichen Europäischen Akte aufgenommen und schliesslich mit dem 3. Liberalisierungspaket von 1993 teilweise vollendet. Globalisierung und Europa stehen nicht im Gegensatz, sondern ergänzen sich, wobei die Globalisierung ein Motor für die europäische Entwicklung ist. Vor diesem Hintergrund hat sich Lufthansa 1997, ausgehend von schon bestehenden Verbindungen, mit United Airlines, SAS, Varig, Air Canada, Thai Airways zur Star Alliance zusammengeschlossen, zu der 1999 noch Ansett Australia, Air New Zealand und All Nippon Airways hinzukommen werden.

Wie sehen diese globalen Veränderungen für den Luftverkehr aus? Der Trend zur Globalisierung stellt die alte Luftverkehrswelt mit bilateralen Luftverkehrsabkommen, hoheitlichen Luftfahrt-unternehmen, nationalen Infrastrukturaufträgen, staatlich limitiertem Marktzugang und Preisvor-gaben sowie bilateral ausgehandelten Luftver-kehrsrechten in Frage. Wenngleich diese Bedingungen in zahlreichen Märkten zum Teil weiterbestehen, stellen sich die meisten Luftverkehrsunternehmen immer mehr den Gegebenheiten zu immer offeneren Märkten, freier Preisgestaltung und Open Sky-Abkommen. Weltweit operierende Unternehmen wie Lufthansa agieren immer weniger in bilateralen Märkten oder gar lediglich Strecken, auf denen die Passagiere non-stop zwischen zwei Städten reisen. Auch die Konsumenten denken und handeln immer globaler. Heute sind Netzwerkverbindungen entscheidend, in denen Punkt-zu-Punkt-Verbindungen über Drehscheiben mit Zubringerstrecken verknüpft werden. Diese Netzwerke stehen in einem intensiven Wettbewerb, wobei Preis ein zentraler Parameter geworden ist und Kostenzwänge sich stark erhöht haben.

Die Netzwerke werden heutzutage über strategische Allianzen der Luftfahrtunternehmen organisiert. Diese Allianzen beruhen auf einer Kooperationsphilosophie, die die beteiligten Unternehmen als Global Player qualifiziert. Gleichzeitig wird der Wettbewerb zwischen den Allianzen intensiver. Auch die Allianzpartner sind teilweise Konkurrenten auf Einzelmärkten; dies nennt man ‘Coopetition’, einen Marktzustand, mit gleichzeitiger Kooperation und Konkurrenz.

Warum gibt es strategische Allianzen und nicht andere Formen der Kooperation? Ein Grund dafür sind die geltenden Eigentumsrechte und Regulierungen. Sie erlauben zur Zeit noch keine grenzüberschreitenden Mehrheitsbeteiligungen innerhalb der Luftfahrtindustrie. So ist beispielsweise der Aktienbesitz in fremder Hand in Europa auf 49.9% beschränkt, in den USA sogar auf 24.9% limitiert.

Allianzen bringen auch dem Konsumenten viele Vorteile: Sie ermöglichen ihm bessere Verbindungen durch ein globales Netzangebot, nahtloses Reisen durch reibungslose Transfers und abgestimmte Flugpläne, sowie weltweite Anerkennung ihrer Vielfliegerprogramme und ihres Status. Für die Luftfahrtunternehmen bedeuten sie Synergieeffekte zur Unterstützung ihrer globalen Präsenz, zum Beispiel bei Netzplanung, Marketing und Beschaffung. Sie verbessern Marktzugang und erweitern die Absatzbasis. Daraus resultieren substantielle Kostensenkungsmöglichkeiten und die Unternehmen können dem wachsenden globalen Wettbewerbsdruck besser begegnen. Ausserdem werden knappe Ressourcen besser genutzt, wenn mehr Passagiere mit weniger Flugzeugen befördert werden. Dies ist auch ein Beitrag zum Umweltschutz.

Die Allianzsysteme sind zu einem Megatrend geworden. Wettbewerb in der Luftfahrtindustrie im 21. Jahrhundert wird ein Wettbewerb zwischen solchen Allianzen sein. Es lassen sich derzeit weltweit im wesentlichen vier grosse, mehr oder weniger feste Allianzen aufzeigen, die durch regionale Fluggesellschaften mit lokalen Kompetenzen ergänzt werden : Dies ist die Star Alliance, Oneworld mit American Airlines, British Airways und vermutlich Japan Airlines u.a., die Atlantic Excellence/Qualifyer-Gruppe um Delta und Swissair, und die Wings Gruppe mit Northwest, KLM und Alitalia. Ausserdem zu nennen ist Air France mit ihren Verbindungen zu Continental und Delta. Der Konsolidierungsprozess in der europäischen Luftfahrtbranche wird innerhalb der Allianzsysteme weitergehen.

Die Star Alliance ragt mit ihren globalen Produkten unter den Allianzen heraus. Auch für den europäischen Konsumenten bedeutet die Star Alliance ein weltweites Netzangebot mit mehr als 700 Verbindungen. Einerseits erfüllt die Star Alliance die Nachfrage des sich aus der zunehmenden wirtschaftlichen und politischen Vernetzung Europas ergebenden höheren innereuropäischen Passagieraufkommen, andererseits befriedigt sie die globalen Mobilitätsbedürfnisse auch der europäischen Konsumenten im Interkontinentalverkehr. Mit ihrem weltweiten Auftreten ist die Star Alliance deswegen für die langfristige Strategie der Lufthansa und ihrer Partner von entscheidender Bedeutung.

Da die verschiedenen Allianzsysteme in Konkurrenz stehen, bedeutet dies auch mehr Auswahl für den Kunden. So stehen heute die europäischen Drehscheiben der Star Alliance Frankfurt, München, Kopenhagen, Stockholm und Oslo mit den Drehscheiben der anderen Allianzen, vor allem London, Paris, Amsterdam, Zürich, Wien, Brüssel, Rom und Mailand, in immer stärkerem Wettbewerb, da diese alle von Umsteigern fast ohne grosse Zeitverluste benutzt werden können. Deswegen verschärft sich der Wettbewerb nicht nur unter den Allianzen, sondern auch der Wettbewerb der Standorte.

Trotz des starken Wettbewerbs untereinander sind sich die EU-Fluggesellschaften in der Sache darin einig, dass Europa die gewonnenen Freiheiten der Liberalisierung zur Schaffung von Arbeitsplätzen sichern muss, um im Markt des Weltluftverkehrs mitzuhalten. Bisher ist die Entwicklung in Europa vielversprechend. 1998 nahm die Zahl der Passagiere bei europäischen Fluggesellschaften um 18 Mio. auf über 177 Mio. zu. Allerdings ist der Luftverkehrsmarkt stark zyklisch orientiert und verwundbar durch externe Einflüsse. Die Allianzen sind Stabilisatoren.

Trotz der unverkennbaren Fortschritte ist der europäische Luftverkehrssektor immer noch stark fragmentiert und es gibt zahlreiche Beschränkungen und uneinheitliche Wettbewerbsbedingungen. So ist zum Beispiel der deutsche Luftverkehrsmarkt im Gegensatz zu Grossbritannien weitgehend liberalisiert. Während von britischen Flughäfen nur 2 nicht-britische, sprich US-amerikanische Gesellschaften in den Wachstumsmarkt USA fliegen, fliegen dorthin von Frankfurt aus insgesamt 12 Wettbewerber von Lufthansa. Auch sind eine Reihe von EU-Fluggesellschaften, wie Alitalia, Air France und Olympic immer noch von Staatsbeihilfen abhängig und haben seit 1991 etwa 20 Mrd. DM an Subventionen erhalten. Lufthansa und Skandinavian Airlines gehörten nicht zu den Empfängern.

In der unmittelbaren Zukunft ist im europäischen Ordnungsrahmen für die Partner der Star Alliance entscheidend, dass die Allianzen genauso genehmigt werden, wie dies in den USA 1996 schon geschehen ist. Derzeit laufen noch verschiedene Verfahren der EU-Kommission, die Nordatlantischen Allianzen unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten zu untersuchen. Die innereuropäische Kooperation der Star-Alliance-Mitglieder Lufthansa und SAS wurde bereits 1996 von der EU-Kommission genehmigt.

Dies ist auch wichtig im Hinblick auf die weitere Entwicklung in Europa, wenn bald nach der Jahrtausendwende die EU-Osterweiterung vollzogen wird. Es ist jetzt schon abzusehen, dass die Integration Gesamteuropas zu einem grossen Teil über eine paneuropäische Verkehrsvernetzung vollzogen wird. Die Star Alliance wird dabei eine wichtige Rolle für den Bereich des Flugverkehrs spielen.



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