Zeitschrift
Wirtschaft
Zeitschrift Der Herausgeber Synthesen Verträge/ Gesetze Institutionen / Wahlen Literatur Unsere Partner

Startseite
Europa
Gasp - Verteidigung
Recht
Wirtschaft
Kultur
Eintrag
Streichung


• Rechtsschutz in Europa - Chancen und Perspektiven
Der Stellenwert und die Entwicklung des Rechtsschutzes in den europäischen Ländern ist geprägt von zahlreichen nationalen Unterschieden.
Übereinstimmend ist jedoch eine steigende Bedeutung dieses Segments in fast ganz Europa zu beobachten - eine Chance vor allem für spezialisierte Rechtsschutz-Versicherer mit entsprechendem Service-Angebot, ihre Aktivitäten erfolgreich auf den gesamteuropäischen Markt auszuweiten.
©2000
Paul F. HEUPERMANN - Vorstandsvorsitzender - ARAG Allgemeine
Rechtsschutz-Versicherungs-AG


Europa rückt immer näher zusammen. Das bedeutet auch eine immer weiter fortschreitende Angleichung der Rechtsverhältnisse in den einzelnen Mitgliedsländern der Europäischen Union. Ganz gleich ob Schweden, Österreich oder Portugal: der ‚Euro-Bürger' der Zukunft wird idealerweise in jedem Staat Rechtsnormen und -institutionen vorfinden, die sich von denen seines Heimatlandes kaum noch unterscheiden. Eine grosse Aufgabe angesichts der unterschiedlichen Entwicklungen und Rahmenbedingungen, die die Rechtssysteme der einzelnen Mitgliedsstaaten bis heute formen und bestimmen. Gilt es doch, unterschiedliche Traditionen und Mentalitäten zu vereinen und auf einen gemeinsamen Konsens zu verpflichten.

Unterschiedlicher Stellenwert des Rechtsschutzes

Entsprechend der verschiedenen nationalen Traditionen hat sich auch der Rechtsschutz in den verschiedenen europäischen Ländern z.T. sehr unterschiedlich entwickelt. In Deutschland hat er einen vergleichsweise hohen Stellenwert, in den Niederlanden, Belgien, aber auch in Spanien und Österreich nimmt seine Bedeutung stetig zu. Ebenso verzeichnet auch die Mehrzahl der osteuropäischen Länder derzeit im Bereich Rechtsschutz ein kontinuierliches Wachstum. Bedingt durch den Aufbauprozess in diesen Ländern herrscht dort ein hohes Bedürfnis nach kompetentem juristischen Beistand. Im Gegensatz dazu stehen einige Länder und Regionen vornehmlich in Südeuropa: Dort ist das Wohlstandsniveau allgemein etwas niedriger und somit das Interesse an einer Versicherung geringer, z.B. in Griechenland, aber auch im Süden Italiens.

Verschiedene Tätigkeitsfelder

Unterschiede bestehen aber nicht nur in quantitativer, sondern auch in inhaltlicher Hinsicht. In Deutschland konzentrieren sich die Rechtsschutzversicherer eher auf die klassischen Versicherungsbereiche Kraftfahrzeug und Familie. Weniger ausgeprägt indes ist der Unternehmensrechtsschutz - anders als z.B. in den Niederlanden. Zudem bietet sich Rechtsschutz-Versicherern in einigen Ländern aufgrund der gesetzlichen Rahmenbeding-ungen ein weiteres Tätigkeitsfeld: die Rechtsberatung innerhalb der Schadenbearbei-tung. Das Gesetz erlaubt jedem Juristen in den Niederlanden, im Bedarfsfall juristischen Beistand zu gewähren bzw. seinen Kunden vor Gericht zu vertreten. Vor allem bei Streitigkeiten, die das Arbeits- und Verwaltungsrecht betreffen, wird hiervon häufig Gebrauch gemacht. Auch u.a. in Belgien, Italien und der Schweiz ist eine Rechtsberatung durch den Versicherer möglich. Die Gründe für diese innereuropäische Diskrepanz sind jedoch nur zu einem Teil in der Gesetzeslage zu suchen. Eine Rolle spielen nämlich auch die unterschiedlich hohen Anwaltskosten in den jeweiligen Ländern: Sind sie vergleichsweise hoch, hat der Versicherer aus Kostengründen ein grösseres Interesse, die Rechtsberatung selbst mit eige-nen Beratern vor Ort durchzuführen. Fallen sie hingegen - wie z.B. in Deutschland - niedriger aus, ist auch das Interesse an einer kostenmässig kalkulierba-ren Rechtsberatung aus Sicht des Versicherers entsprechend geringer. Trotzdem ist es für die ARAG in Deutschland von grosser Bedeutung, Rechtsberatung anzubieten. Denn auch hier ist aufgrund der dominanten Stellung des Deutschen Anwaltvereins mittelfristig eine Steigerung der Anwaltskos-ten zu erwarten. Zudem lässt sich mit dem Angebot einer Rechtsberatung die Kunden-bindung erheblich steigern. Grundsätzlich erhöhen insbesondere diejenigen Rechts-schutzversicherer ihre Wettbewerbsfähigkeit, die über das reine Produkt hinaus auch spezielle Serviceleistungen im Angebot haben und zudem ihre Kunden kontinuierlich und kompetent in allen relevanten Fragen betreuen bzw. beraten. Nicht zuletzt können durch eine verbesserte Kostentransparenz die Versich-erungsprämien für Kunden niedrig gehalten werden - was wiederum für eine höhere Kundenbindung sorgt.

Ein weiterer Unterschied zeigt sich bei der Produktgestaltung. Werden in vielen europäischen Ländern bis heute eher traditionelle, für den Kunden oft unübersichtliche, statische Versicherungsprodukte angeboten, so ist anderenorts ein deutlicher Trend hin zu modular aufgebauten, variablen Produkten erkennbar, wie z.B. in Spanien und den Niederlanden. Vorreiter sind hier aber die USA. Diesbezüglich kann ihnen ein Vorsprung von etwa 5-10 Jahren vor der europäischen Entwicklung bescheinigt werden.

Als Partner und Problemlöser europaweit erfolgreich

Das allgemeine Interesse am Rechtsschutz in Europa wächst: Die grossen Versicherungs-Unternehmen, die über ein umfassendes Produktspektrum verfügen, haben die Wachstumspotenziale und Renditechancen erkannt und bieten verstärkt Rechtsschutz-Produkte an, sei es über Kombi-Produkte, Cross-Selling usw.

Gerade den spezialisierten Rechtsschutz-Anbietern aber bietet das vereinte Europa hervorragende Möglichkeiten, ihre Position im paneuropäischen Wettbewerb zu stärken und auszubauen. Bedauerlicherweise stehen dem konsequenten Ausbau dieses Bereichs immer noch bestimmte gesetzliche Einschränkungen im Wege. Entscheidend ist grundsätzlich, das Image des reinen Versicherers abzustreifen und sich stattdessen als professioneller Partner und Problemlöser in allen Rechtsfragen zu positionieren. Denn nach wie vor wird der Bereich Rechtsschutz von der Mehrheit der Kunden als sehr kompliziert und verwirrend empfunden, auch wenn beispielsweise die Produkte der ARAG bewusst einfach gestaltet wurden, um der Verunsicherung des Kunden weitestmöglich entgegenzuwirken.

‚Vertrautheit und Vertrauen', ‚Solidarität und Sicherheit' - Schlüsselbegriffe, mit denen die ARAG die Weichen in Richtung Zukunft gestellt hat. Zusätzlich jedoch muss noch ein weiterer wichtiger Aspekt gewährleistet sein: internationale Präsenz. Schliesslich werden auch die Kunden immer mobiler und erwarten dasselbe von ihrem Versicherungspartner. Die ARAG ist diesen Schritt schon lange gegangen und baut ihre Standorte in den einzelnen europäischen Staaten derzeit kontinuierlich aus.

Wer jedoch im europäischen Markt bestehen will, muss über die reinen Produkte hinaus auch den entsprechenden Service bieten. Die grossen Kompositversicherer tun sich hierbei erfahrungsgemäss schwerer, da in Anbetracht des umfassenden Angebotsspektrums das Spezialwissen im Bereich Rechtsschutz oftmals zu kurz kommt. Da es in den einzelnen Ländern darauf ankommt, die jeweils unterschiedlichen Traditionen, Rahmenbedingungen und Mentalitäten zu berücksichtigen, bietet sich hier insbesondere den kleineren, spezialisierten Rechtsschutz-Anbietern die Chance, dieses Feld zu besetzen und ihre Aktivitäten mit Erfolg auf das vereinte Europa auszuweiten.



© Alle Rechte vorbehalten.