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• Der Euro und danach ?
Frankreich und Deutschland auf dem Weg nach Europa
Ob im Bereich der Institutionenreform der Union oder der Erweiterung: Frankreich und Deutschland müssen mehr denn je gemeinsam tätig werden. Es sollte vermieden werden, dass die anderen Mitgliedstaaten Zeuge eventueller divergierender und noch nicht harmonisierter Sichtweisen werden. Fortschritte auf dem Gebiet der deutsch-französischen Beziehungen und der europäischen Integration erweisen sich gegenüber den Vereinigten Staaten, China und Russland als unvermeidlich. Dabei sollte durch den Widerstand der "Souveränisten" und die zögernde Haltung der Föderalisten keine Zeit verloren werden. Nur ein "starkes und großzügiges" Europa wird das Gleichgewicht zwischen den Supermächten herstellen können. © 2000
Joseph ROVAN - Professor em. an der Sorbonne


Joseph Rovan ist auch Präsident des BILD und Direktor der Zeitschrift "Dokumente" (F).

Die innenpolitischen Schwierigkeiten unserer beiden Länder und vor allem Deutschlands haben vielleicht den Eindruck erweckt, dass unsere Beziehungen an Intensität nachgelassen und dass sich die gemeinsamen Bemühungen im Dienste der Europäischen Union verlangsamt haben. Dieser Eindruck ist richtig und doch auch wieder nicht. Er lässt sich grösstenteils auf die Veränderungen an der politischen Spitze zurückführen (Ablösung Helmut Kohls durch Gerhard Schröder, Rücktritt Oskar Lafontaines und auch Dominique Strauss-Kahns). Er hat gleichfalls damit zu tun, dass sich in Frankreich eine starke, politische, nationalstaatliche Anti-Europa-Bewegung - die sog. "souverainistes" - herausgebildet hat, die in Ostdeutschland - bei gleichzeitigen Verlusten der SPD bei allen Landtagswahlen - in der Stärkung der neokommunistischen PDS, deren Europa-Begeisterung sich ja bekanntlich in Grenzen hält, ein Echo findet. Andererseits zeigt die Beteiligung unserer beiden Staaten an und auch nach den Militäroperationen im Kosovo, wie unausweichlich das gemeinsame Engagement Frankreichs und Deutschlands in jenen Politikfeldern ist, in denen sich allmählich der Einfluss des erfahrenen spanischen Politikers und verantwortlichen Mannes für Fragen der GASP, bemerkbar machen wird, bei dessen Ernennung wir eng kooperiert haben. Gleiches gilt auch für die neuen Initiativen in den Problemfeldern Einwanderung, Bekämpfung der Kriminalität und in gewisser Hinsicht auch für die legislative und institutionelle Vereinheitlichung im Bereich der Justiz. Unsere beiden Länder haben parallel zueinander und gemeinsam eine neue Linie unterstützt, die das Europäische Parlament an der Bestellung der Kommission eng teilhaben lässt. Das ist zwar nicht gerade revolutionär, aber all diese Entscheidungen und Massnahmen bilden doch einen spürbaren Fortschritt für den europäischen Einigungsprozess und wären bei einer Oppositionshaltung Frankreichs und Deutschlands in diesen Bereichen gar nicht zustande gekommen.

Es wird gerade ein neuer Versuch unternommen, die europäischen Institutionen zu reformieren und sie funktioneller und operationeller zu gestalten. Alle Regierungen wissen, dass die den Ländern Mittel- und Osteuropas in Aussicht gestellte Erweiterung nur dann denkbar ist, wenn diese Reformen im Vorfeld beschlossen und umgesetzt worden sind. Das setzt allerdings offenkundig - und trotz des Protests von Charles Pasqua und seinen Weggenossen der RPF (Rassemblement pour la France) - voraus, dass hinsichtlich der Übertragung weiterer Bestandteile der Nationalstaatlichkeit der Unionsstaaten spürbare Fortschritte erzielt werden. Bei der eigentlichen Erweiterung wird es sicherlich notwendig sein, in dem Zeitplan die im engeren Sinne politischen Elemente von den ökonomisch-sozialen Aspekten zu trennen, wo die Fortschritte zwangsläufig langsamer vonstatten gehen werden. Es ist gleichfalls unerlässlich, die Zahl der für eine Erweiterung in Frage kommenden Staaten einen relativ langen Zeitraum über begrenzt zu halten.

Auf all diesen Gebieten müssen Frankreich und Deutschland mehr denn je gemeinsam vorgehen und an keinen Konferenzen und Arbeitstreffen teilnehmen, ohne sich im Vorfeld über die Ziele und die Mittel ihres Handelns verständigt zu haben. Sie müssen es vermeiden, dass andere Mitgliedsstaaten Zeuge eventueller, noch nicht geglätteter Divergenzen werden. Deswegen sollten die beiden Regierungen zügig ein gemeinsames Generalsekretariat zur Vorbereitung der Sitzungen der beiden Kabinette einrichten. Bald darauf werden die beiden Regierungen gemeinsame Sitzungen organisieren, vor allem zur Vorbereitung der Europakonferenzen und des Tätigwerdens der europäischen Institutionen. Nach und nach sollte es in bestimmten Fällen, wie z.B. im Rat der Vereinten Nationen, Usus werden, dass ein einziger Minister bzw. Botschafter beide Länder vertritt. Diese Fortschritte werden sich gegenüber der USA, Chinas und Russlands als unausweichlich erweisen. Es ist dabei allerdings von Bedeutung, durch den Widerstand der "Souveränisten" oder die Entscheidungsschwäche der Föderalisten entstehende Zeitverluste zu vermeiden. Nur ein "starkes und grosszügiges Europa" wird den Worten Jacques Delors' zufolge ein Gegengewicht zu den Grossmächten bilden können und vor allem auch auf die Entwicklung der Beziehungen innerhalb der NATO und der OSZE einen positiven Einfluss haben. Ein möglicher Erfolg der "Souveränisten" würde demgegenüber die einzelnen europäischen Staaten unvermeidlich der Domination durch die Vereinigten Staaten ausliefern.

Eigene Übersetzung des Forum

Veröffentlichungen

- "Mémoire d'un Français qui se souvient d'avoir été Allemand" -
Ed. Seuil, 1999.
- "Bismarck, l'Allemagne, et l'Europe unie - 1898 - 1998 - 2098" -
Ed. Odile Jacob, oct. 1998.
- "L'histoire de l'Allemagne des origines à nos jours" -
Ed. du Seuil, 1994.
- " Citoyens d'Europe" -
Ed. Robert Laffont, 1992.
- "Le Mur et le Golfe" -
Ed. de Fallois, 1991.
- "Les comptes de Dachau" -
Ed. Julliard 1987, rééd. le Seuil 1993.



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